Canyoningskandal in Trentino, Italien

Veröffentlicht am: 01.08.2012 // Autor: Stefan Hofmann (Stefan Google+)

Wie man über Jahre hinweg jegliche Hinweise auf EU-Recht ignoriert, zeigt seit 2002 die Provinz Trentino. Wie sie dabei vorgeht und wie hartnäckig jegliches EU-Recht zum Schutze lokaler Interessen blockiert wird, das soll dieser Artikel anhand dem Beispiel eines CIC-Führers aufzeigen.

Wie alles begann ...

Alles fing im Jahr 2002 an, als das im Raum Gardasee tätige und von einem CIC-Führer geleitete Outdoorunternehmen dieses Rundschreiben der lokalen Bergführervereinigung erhielt. Darin wird darauf hingewiesen, dass nach Provinzrecht nun nur noch Bergführer das Recht besitzen, kommerziell geführte Canyoningtouren anzubieten.
In dem Schreiben werden lokale Gesetzestexte erwähnt. Die EU-Richtlinie 92/51/EWG, die bereits 1992 erlassen wurde und die die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit in der Europäischen Union regelt, wurde bei der Erstellung des Provinzgesetzes 10 Jahre später immer noch nicht berücksichtigt.

Aufklärung

Nun ist es kein Geheimnis, dass einige Staaten der EU - allen voran Frankreich - die Umsetzung dieser Richtlinie (bewusst ?!) bis dato nicht durchführten. Dies traf jetzt auch auf die Provinz Trentino zu. Auch wenn man das eigene Provinzgesetz noch nicht allzu rigoros durchsetzte, informierte das Präsidium der CIC am 25.08.2004 (Seite 1) (Seite 2) in einem Schreiben die Provinz Trentino über dieses Mißstand.

Antwort Provinz Trentino

Die Antwort der Provinz Trentino auf dieses Schreiben lies nicht lange auf sich warten und ist mit dem 28.08.2004 datiert. Darin wird im Grossen und Ganzen der Inhalt des Bergführerschreibens wiederholt. Nach wie vor keine Spur von EU-Recht und entsprechenden Abwicklungsverfahren.

Ein zweites Schreiben folgt ...

... noch am 14.09.2004 von der Provinz Trentino, wohl um den Inhalt des ersten Schreibens zu unterstreichen. Es wird nun auf die nötigen Spezialkenntnisse hingewiesen, über die man zum Ausführen der Tätigkeit des Canyonführers verfügen muss. Nun stellt sich die Frage, wie die regionale Bergführerausbildung es schafft, in 5 Tagen das zu vermitteln, für das die CIC 24 Tage investiert.
Laut Aussage der Europäischen Kommission im Anerkennungsfall Frankreich, wurde darauf hingewiesen, dass ausschliesslich die Canyoningausbildungsabschnitte verglichen werden. Die verbleibenden Ausbildungsabschnitte der Bergführerausbildung spielen eine untergeordnete oder gar keine Rolle.
Interessant hierbei ist, dass die Provinz indirekt  über die Ausbildungsinhalte der CIC urteilt, ohne diese zu kennen. Denn der Lehrplan wurde bisher von der Provinz weder eingefordert, noch von der CIC dorthin geschickt.

EU-Recht nochmals erklärt

Die CIC reagierte am 17.03.2005 erneut mit einem aufklärenden Schreiben (Seite 1, Seite 2), um die Provinz Trentino über die Existenz europäischer Richtlinien, die in solch einem Fall anzuwenden sind, aufzuklären.

Antrag auf Autorisierung

Nach einigen Jahren der Hetzjagd und Diskriminierung wurde am 06.08.2009 ein Antrag auf Autorsierung bei der Provinz Trentino eingereicht.

Stellungnahme zum Antrag vom 06.08.2009

Am 02.09.2009 wurde die Antwort der Provinz Trentino auf den Autorisierungsantrag verfasst. Darin verwies man auf eine entsprechende Wartezeit, um den Fall genauer prüfen zu können. Behörden sind in solch einem Fall verpflichtet, innerhalb von 3 Monaten (max. 4 Monate) eine Lösung zu präsentieren. All diese Fristen lies die Provinz Trentino verstreichen - ohne ein Antwort und schon ohne ein entsprechendes Angebot.

Nach EU-Recht kann ein Anerkennungs- oder Autorisierungsgesuch abgelehnt werden. Allerdings müssen dazu gewichtige Unterschiede zwischen der Ausbildung des Antragstellers und des Wahllandes aufgezeigt werden. Dies ist in diesem Falle nicht geschehen!
Selbst nach der Präsentation gewichtiger Unterschiede müssen Wege ermöglicht werden, diese auszugleichen. Dies kann über den Besuch von Zusatzprüfungen oder Ausbildungen erfolgen.
Dies ist in diesem Fall nicht geschehen!

Mittlerweile wurden sowohl SOLVIT Niederlande wie auch SOLVIT Deutschland mit diesem Fall betraut.

Die Provinz Trentino bleibt bis heute jegliche Antwort schuldig und hat bis dato in diesem Fall das seit 1995 (!) existierende EU-Recht auf Niederlassungs- und Dienstleistungsfreiheit NICHT umgesetzt.